
Bei der Staude des Jahres 2019 handelt es sich nicht um eine einzelne Pflanzengattung, sondern um eine ganz Gruppe. Die Gemeinsamkeit sticht, Pardon, liegt auf der Hand. âDisteln besitzen Dornen. Mal mehr, mal weniger, mal sind nur die BlattrĂ€nder mit piksenden FortsĂ€tzen bewehrt, mal auch die StĂ€ngel und BlĂŒtenkelche. In jedem Fall wissen sich die meisten Disteln ganz gut vor potenziellen Fressfeinden zu schĂŒtzenâ, fasst Georg Uebelhart zusammen, GeschĂ€ftsfĂŒhrer des Staudensamenproduzenten Jelitto. Richtig eingesetzt haben sie das Zeug zum Gartenstar â wunderschön, robust und ausgesprochen nĂŒtzlich.
In BauerngĂ€rten und den spĂ€teren FreizeitgĂ€rten finden sich seit jeher diverse Distelarten, vor allem aufgrund ihrer schönen Optik â so unterschiedlich eben jene auch sein mag, oder vielleicht auch gerade wegen dieser Bandbreite. Viele Mannstreu-Arten etwa erinnern an stolze Ritter, die sich zum Turnier rĂŒsten. Metallisch glĂ€nzend funkelt beispielsweise das Elfenbein-Mannstreu âSilver Ghostâ (Eryngium giganteum) dem Betrachter entgegen. Hocherhobenen Hauptes prĂ€sentiert es seine aus unzĂ€hligen EinzelblĂŒten zusammengesetzten BlĂŒtenhelme, jeder gesĂ€umt von einem zackigen Kragen ĂŒber grĂŒn-silbrigem Laub.
Den Platz sowohl in modern gestalteten GÀrten als auch in naturnahen Anlagen musste sich der edle Recke allerdings gar nicht erst erkÀmpfen, er wurde und wird ihm ganz und gar freiwillig gewÀhrt, weià Georg Uebelhart, selbst ein bekennender Distel-Fan.
Bewundernde Blicke rufen auch Gefolgsleute wie das faszinierende Flachblatt-Mannstreu (Eryngium planum) hervor, dessen BlĂŒtenstĂ€nde in pulsierendem Stahlblau leuchten, oder die zahlreichen Arten und Sorten der Kugeldistel (Echinops). Deren morgensternĂ€hnliche blĂ€ulichen oder weiĂen BlĂŒtenstĂ€nde sind fĂŒr architektonisch gestaltete GĂ€rten wie geschaffen, aber auch in PrĂ€rie- und Steppenpflanzungen sehr gefragt.
„Gerade die hohen Arten von Eryngium und Echinops sind hervorragende Strukturbildner, die sowohl in Einzelstellung als auch in Gruppen groĂartig wirken. Es gibt aber auch niedrigere Arten und Sorten, die sich fĂŒr die vorderen Beetreihen eignen“, erklĂ€rt der Samenproduzent und StaudenzĂŒchter.
Mannstreu und Kugeldisteln lassen sich effektvoll mit ZiergrĂ€sern kombinieren: Die sich sanft im Wind wiegenden Ăhren und Halme von Federgras (Stipa tenuissima), Indianergras (Sorghastrum nutans) oder Reitgras (Calamagrostis) schmeicheln den wehrhaften Staudenschönheiten und betonen ihre markanten Konturen.
Eine Ă€hnliche Wirkung haben filigrane BlĂŒtenstauden wie Prachtkerze (Gaura), Blauraute (Perovskia) oder Skabiose (Scabiosa): Ihre zierlichen EinzelblĂŒten umflirren die hoch aufgerichteten Disteln wie die tatsĂ€chlich in groĂer Zahl anzutreffenden Insekten, die sich am Nektar und Pollen laben.
Ăberhaupt lassen sich Disteln dank ihrer einzigartigen Gestalt erstaunlich vielseitig kombinieren â zu den BlĂŒtensonnen von Sonnenhut (Rudbeckia), Sonnenbraut (Helenium) oder Rotem Sonnenhut (Echinacea) passen sie ebenso gut wie zu doldenförmigen BlĂŒtenstĂ€nden â etwa der Schafgarbe (Achillea) oder verschiedener Wolfsmilcharten (Euphorbia) â wie auch zu den BlĂŒtenkerzen von Fingerhut (Digitalis), Königskerze (Verbascum) oder Fackellilie (Kniphofia).
Die deutlich niedrigeren Gold- und Silberdisteln (Carlina vulgaris, C. acaulis) glĂ€nzen vor allem in Stein- und NaturgĂ€rten â wortwörtlich, denn ihre harten HĂŒllblĂ€tter reflektieren das Sonnenlicht, wohingegen sie sich bei aufziehendem Regen oder Nebel schĂŒtzend ĂŒber dem Kreis von RöhrenblĂŒten schlieĂen.
Allen edlen Disteln gemein sind die BlĂŒtezeit im Hochsommer und die attraktiven FruchtstĂ€nde. „Sie bringen einen fantastischen Herbst- und Winteraspekt in den Garten, gerade in Verbindung mit Raureif oder Schnee. Das sollte man unter keinen UmstĂ€nden versĂ€umen, und sie darum erst im FrĂŒhjahr zurĂŒckschneiden“, betont Georg Uebelhart. „Vorm Versamen muss man keine Angst haben, das hĂ€lt sich in gĂ€rtnerfreundlichen Grenzen.“ Zumal sich nicht nur die Menschen an den FruchtstĂ€nden erfreuen: Der Distel-Fink und viele andere Vögel, aber auch Insekten und KleinsĂ€uger lieben die nahrhaften Samen, die sie geschickt aus den starren HĂŒllen picken, anbohren oder vom Erdboden aufsammeln.
„Disteln sind fĂŒr Naturliebhaber ohnehin geradezu ein Muss im Garten â auch die frĂŒher als Unkraut verpönten, aber ebenfalls sehr hĂŒbschen Wildarten“, erlĂ€utert Georg Uebelhart. „Sie alle produzieren im Sommer Unmengen an Nektar und Pollen, weshalb sie unzĂ€hlige Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten anlocken. Ihre BlĂ€tter dienen obendrein vielen Schmetterlingsraupen als Futter â denen des Distelfalters zum Beispiel.“
Oben: Verlockend â Kugeldisteln (Echinops) ziehen zur BlĂŒtezeit unzĂ€hlige Hummeln, Honigbienen und andere Insekten an.
Unten: Held in schimmernder RĂŒstung â das Riesen-Mannstreu (Eryngium giganteum) prĂ€sentiert seine BlĂŒtenhelme.
GroĂes Bild: SpektakulĂ€rer Auftritt â mit seinem fein geschlitzten Kragen strahlt und funkelt das Alpen-Mannstreu (Eryngium alpinum) wie eine Wunderkerze.